Herkunft

Beim Bergamasker Hirtenhund (Cane da Pastore Bergamasco) handelt es sich um den italienischen Vertreter uralter zotthaariger Hirtenhunde-Rassen, historisch zurückreichend bis in die Römerzeit, wobei es sich vermutlich um Nachkommen persischer Schäferhunde handelt. Es heißt, die Phönizier sollen sie nach Europa gebracht haben und hier haben sie dann im Zuge der Völkerwanderung ihre weitere Verbreitung gefunden.

Hirtenhunde allgemein haben zwei Jobs zu erfüllen: einerseits das Führen („Hüten“), andererseits aber auch das Bewachen („Herdenschutz“) ihrer Herden, im Gegensatz zu den Spezialisten, den Hütehunden (wie z.B. Border Collies, Australian Shepherds oder Cattle Dogs) und den Herdenschutzhunden (wie z.B. den Maremmanos, Pyrenäenberghunden oder Kuvacs).

Die ursprüngliche Heimat der Bergamasker Hirtenhunde ist die Provinz Bergamo in der Lombardei in Italien. Dort gingen sie sommers in den Alpen zusammen mit ihren Hirten, den „Bergamini“, ihrer Arbeit nach, an Schaf-, aber auch an Rinderherden.

Nachdem die Hirten nicht nur wetterharte, mutige und selbstständige Hunde für ihre Arbeit brauchten, sondern den ganzen Sommer über oft keine anderen Gefährten als die vierbeinigen um sich hatten, ergab sich eine starke Bindung der Bergamasker zu ihren Menschen durch entsprechende Selektion von ganz alleine. Dass diese Hunde nicht jagen, streunen oder raufen durften, versteht sich von selbst.

Die Hunde wurden zur Schafschur im Frühjahr zusammen mit den Schafen geschoren, waren somit plüschlos wendig und beweglich und hatten bis zur kalten Jahreszeit wieder genug Fell samt verfilzender Unterwolle entwickelt, um ausreichend geschützt zu sein.

 

Wesen

Durch die Jahrhunderte lange Auslese nach Charakter ist der Bergamasker Hirtenhund ein extrem menschenbezogener Hund, der es keinesfalls verträgt, im Zwinger oder an der Kette gehalten zu werden. Der innige Kontakt zu „seinen“ Menschen ist ihm wichtiger als der schönste Garten, wenn er dort alleine sein muss. Am liebsten wandert er wie zufällig immer in den Raum, in dem sich „seine“ Menschen gerade aufhalten.

Er ist sehr sozial, nicht nur zu Kindern und anderen Hunden, sondern auch zu allen anderen Tieren, die er von klein auf kennt, egal, ob Katzen, Pferde, Schafe oder Heimtiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen.

  

Er ist ein fröhlicher Zeitgenosse und ein wunderbarer Familienhund, der sich recht leicht erziehen lässt, sehr intelligent ist und wirklich mitdenkt – von daher muss man wissen, dass Kadavergehorsam nicht sein Ding ist.

Sein Motto lautet „Hauptsache dabei“, wobei er durch sein ruhiges, ausgeglichenes Wesen eigentlich wirklich überall hin mitgenommen werden kann.

Der Bergamasker ist ein rechter Allrounder, der sich für viele Sparten, bei denen Hunde eingesetzt werden, gut eignet.

Es gibt Bergamasker im Hundesport (Agility, Obedience, Mantrailing, Treibball etc.) ebenso wie im Therapie – oder Assistenzhundebereich, als Rettungs- oder als Reitbegleithund. Bei allem macht er begeistert mit, liebt die Arbeit und will gefördert und gefordert werden – dies allerdings freundlich-motivierend und nicht mit Zucht und Härte! - dann geht er für seinen Menschen sprichwörtlich durch’s Feuer und gilt immer als Streber in der Hundeschule….

 

Aussehen

  • Schulterhöhe: Rüden 58 - 62 cm; Hündin 54 - 58 cm
  • Gewicht: Rüden: 32 - 38 kg; Hündin: 26 - 32 kg (Dies gilt allerdings für verzottelte Hunde – man muss bedenken, dass das Zottelfell durchaus einige Kilos Gewicht haben kann!)

Der Bergamasker Hirtenhund ist eine von der FCI (Fédération Cynologique Internationale) anerkannte Hunderasse: FCI Gruppe 1 (Hüte- und Treibhunde ohne Schweizer Sennenhunde), Sektion 1 (Schäferhunde), Standard Nr. 194

Der neue Rassestandard (seit 1.1.2016 gültig) will den annähernd quadratischen Bergamasker teil-verzottelt sehen. Kopf, Hals, Schwanz und das sogenannte „Ziegenhaar“ im vorderen Körperbereich (Brust und Schultern) haben welliges, unverzotteltes (und „harsches“) Haar, die hintere Körperpartie mit „wolligem“ Haarkleid sowie die Beine sollen altersgemäß verzottelt sein. Allerdings soll die Länge der Zotteln dergestalt sein, dass volle Bewegungsfreiheit möglich ist – wir interpretieren das als annähernd in Körperkontur….

Möchte man seinen Hund auf Ausstellungen vorführen oder eine Zuchtzulassung bekommen, so ist es notwendig, dass das Aussehen des Hundes diesem Standard entspricht.

  

Hat man diesbezüglich jedoch keinerlei Ambitionen und gefällt einem sein eigener Hund anders besser, so kann man natürlich auch einen Bergamasker bedenkenlos bürsten, kämmen und scheren.

Der Vorteil ist so oder so, dass Bergamasker ihre Unterwolle festhalten und damit praktisch nicht haaren; entweder, die Unterwolle verfilzt (und man macht Zotteln) oder man kämmt sie raus (und kann sie bei Bedarf sammeln und verspinnen lassen…). Das macht den Bergamasker sogar bedingt Allergiker-tauglich!

Diese Unterwolle hat allerdings Gewicht: 100 Gramm pro Monat können das schon sein!

Fellfarben: einfarbig schwarz, „merle-farben“ (grau –schwarz gefleckt, wobei das Grau in verschiedensten Nuancen von ganz hellem bis sehr dunklem Grau vorkommen kann), einfarbig grau (diese Hunde werden schwarz geboren und hellen dann immer mehr auf) in allen Schattierungen und isabellfarben. Weiße Abzeichen sind erlaubt, wenn sie nicht mehr als ein Fünftel der Körperoberfläche ausmachen, rein weißes Fell dagegen nicht.

Noch ein Wort zu den Zotteln, betrachtet auch vom veterinärmedizinischen Standpunkt:

Wie bereits erwähnt, haben diese Zotteln natürlich auch Gewicht und logischerweise je länger die Zotteln, desto mehr Gewicht.

Nun raten Tierärzte jedem Hundebesitzer, dass der Hund nicht zu fett sein darf, weil übermäßiges Gewicht den Gelenken schadet und das Herz belastet (– nicht anders als beim Menschen). So stellt sich dann doch vielleicht die Frage, warum mancher Bergamasker dann etliche Kilo Fell mit sich herumschleppen muss…. Die Antwort mag sich jeder selber ausdenken.

Auch die Dosierung von Medikamenten - nämlich speziell solcher, die möglichst genau auf Gewicht dosiert werden müssen (z.B. Herzmedikamente oder auch Injektionsnarkosen) - gerät eventuell zur (für den Hund) lebensgefährlichen Schätzung vom behandelnden Tierarzt!

Dass allerdings in einem Hund mit Dreadlocks mehr Ungeziefer haust als in einem Hund mit „normalem“ Fell, ist blanker Unsinn.

 

Charakter

Inzwischen ist der Bergamasker auch ein gefragter Familienhund mit einer ausgesprochenen Kinderverträglichkeit, dessen Qualitäten sich hoffentlich auch immer mehr herumsprechen!

Mit anderen Hunden ist er sozialverträglich; kennt er von klein auf verschiedene Tierarten, egal ob Katzen, Hasen oder Pferde, wird er sich auch mit diesen problemlos vertragen.

  

Mit seinem geselligen und ausgeglichenen Wesen erweist sich der kräftige Naturbursche als liebenswerter Gefährte. Er liebt seine Menschen von Herzen und geht eine feste Bindung mit ihnen ein. Richtig glücklich ist er, wenn er am täglichen Familienleben teilhaben und seine Menschen möglichst überall hin begleiten darf. Dies ist bei guter Erziehung auch problemlos möglich.

Eingesperrt in einen Zwinger und getrennt von seiner Familie würde er sein ruhiges Gemüt und sein ausgeglichenes Wesen verlieren und verkümmern.

Leider ist der Bergamasker mittlerweile bereits vom Aussterben bedroht. Weltweit leben noch ungefähr 2000 Bergamasker, wovon nur rund 200 zur Zucht eingesetzt werden. Das „Monitoring Institute for Rare Breeds and Seeds in Europe“ hat den Handlungsbedarf für die Erhaltung des Cane da Pastore Bergamasco als besonders akut eingestuft, in Deutschland ist er als einziger ausländischer Hund bei der GEH, der Gesellschaft zur Erhaltung alter Haustierrassen, gelistet.

 

Erziehung

Der Bergamasker Hirtenhund lässt sich gut erziehen, will aber spielerisch und motivierend gefördert werden.

  

Härte verträgt er nicht und Kadavergehorsam wird man von ihm, da er bei der Arbeit richtig mitdenkt, nicht verlangen können.

Durch eine liebevolle, konsequente Erziehung arbeitet er auch gerne und erfolgreich in allen Bereichen mit. Egal, ob beim Hundesport wie z.B. Agility, als Rettungshund, Begleithund, Therapiehund, Assistenzhund (wie z.B. Blindenhund), Reitbegleithund, Dogdancing etc.

  

Er liebt es zu arbeiten, Aufgaben zu lösen und will gefordert werden.

  

 

Ein Wort zum Thema „Jagen“...

Wollen wir ohne Stress mit unserem Hund Spazieren gehen und ihn dabei auch problemlos von der Leine lassen können, so müssen wir uns – neben der Hunde-Erziehung – auch mit dem Thema „Jagen“ beschäftigen. Unser Bergi ist natürlich kein Jagdhund, doch der ihm als Hirtenhund angeborene Hütetrieb ist ein durch Jahrhunderte lange Zuchtselektion modifizierter Jagdtrieb. Unterbinden wir nicht generell von Anfang an (auch nur spielerisches) Nachjagen von jeglicher „Beute“ – es kann sich hier um ein Blatt im Wind, auffliegende Krähen oder eine Katze handeln – so ist es möglich, dass sich auch ein Bergi zum Jäger entwickelt! Nachdem das Ausleben des Jagdtriebes eine sich selbst belohnende „lustvolle“ Betätigung ist, wird es sehr schwer werden, dies dem Hund wieder abzugewöhnen. Bedenkt man, dass ein offensichtlich „wildernder“ Hund vom Jäger geschossen werden könnte oder auch beim Nachjagen einer Beute eine Straße überqueren und von einem Auto erfasst werden kann, so erkennt man flugs, dass ein Nicht-Zulassen des Jagens von Anfang an die bessere Alternative für unseren Bergi darstellt – zu seiner eigenen Sicherheit!

Hierbei hilfreich sind zwei wunderbare in der Hunde-Erziehung gerne eingesetzte Gegenstände:

  • die Schleppleine (in Kombination am besten mit einem Brustgeschirr)
  • der Futterdummy (gefüllt mit Futter, das dann von der normalen Futterration abgezogen werden muss oder das Füttern aus der Schüssel bei Bedarf sogar ganz ersetzt)

Das genaue Handling mit beide Gegenstände sollte in der Hundeschule beim Profi erlernt werden; einen Einblick kann man auch über Bücher oder beim Googeln erhalten. Gerne sind wir dabei auch mit ein paar erklärenden Worten behilflich.

 

… und ein paar Worte zur Flexi-Leine (Roll-Leine)

Zuerst meine persönliche Meinung: ich kann sie nicht leiden! Sie mag – vielleicht – für unerzogene Hunde die einzige Möglichkeit darstellen, im Stadtpark ein bisschen Bewegungsfreiheit zu erlangen; damit erschöpft sich aber auch schon ihre Sinnhaftigkeit. Gerne zähle ich hier nun die Nachteile auf:

  • Die Verletzungsgefahr, sei es durch Abschnüren einer Hunde-Gliedmaße beim Spiel mit anderen Hunden, sei es beim Umwickeln der Beine einer Person, die dann umgeworfen wird oder – am nackten Bein im Sommer – Verbrennungen erleidet.
  • Das Umwerfen oder Nachziehen des Hundehalters – ein Bergi mit bis um die 30 kg entwickelt auf die Distanz der Leine eine rechte Kraft.
  • Das unkontrollierbare Sprinten über die Straße und vor ein Auto – denn die Leinenlänge ist nicht so schnell verkürzbar und schnelles Reinfassen in die Schnur schafft Verbrennungen an der Hand, hält aber einen großen Hund nicht auf.
  • Der Hund erzieht sich selbst zum Ziehen an der Leine, denn dieses Ziehen verschafft ihm ja erst den größeren Radius und damit größere Freiheit. Damit wird jegliche „Leinenführigkeit“ – der Hund läuft (im Gegensatz zum „Fuß!“) so neben seinem Menschen her, dass der Karabiner der Leine am Halsband nach unten hängt! – im Keim erstickt oder das „Ausmerzen“ dieser (menschgemachten) „Untugend“ bedarf (wie die Sache mit dem Jagen) eines unverhältnismäßig größeren Aufwandes.

Die Alternative während der Erziehung stellt die oben bereits erwähnte Schleppleine dar.

Und – keine Angst – unsere geliebten Bergis sind leicht zur Leinenführigkeit und zum Grundgehorsam zu erziehen. Mit der richtigen Anleitung vom Profi und (anfangs) häufigem Üben bekommen Sie einen unkomplizierten Begleiter, der weder jagt noch eine Flexi-Leine nötig hat. Besser noch: beim Losgehen zum Spaziergang vergisst man irgendwann, die Leine mitzunehmen – weil man sie nämlich so selten braucht….!